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Markus Raetz: Gyroskop
Eine bedeutende Rolle spielt die Wahrnehmung in Raetz Arbeiten. Die Wirklichkeit, wie sie sich unserem Sehen, unserer Wahrnehmung je nach Standpunkt, je dach Zeitpunkt, je nach Bewegung anders darbietet. Bei Markus Raetz wird die Wirklichkeit zu einem schwindelerregenden Raum, in dem sich Faktisches als Poetisches, Eindimensionales als Mehrdimensionales, Männliches als Weibliches und Absolutes als Bedingtes erweist. Dementsprechend formuliert er unser Sehen als ein Relatives, das sich leicht täuschen lässt.
In Büren an der Aare im Kanton Bern aufgewachsen. Nach dem Besuch des Lehrerseminars unterrichtete er zwei Jahre als Primarlehrer in Brügg bei Biel. Seit 1963 ist er freischaffender Künstler. Nicht nur die Bilder von seinem Vater Ernst Raetz beeinflussten ihn, sondern auch Freundschaften zu anderen Künstlern. Markus Reatz lebte in Bern, Amsterdam, im Tessin und Berlin. Er unternahm verschiedene Reisen nach Südfrankreich, Ost- und Westeuropa, Skandinavien, Nordafrika und in die USA. 1970 heiratete er Monika Müller und zwei Jahre später kam seine Tochter Aimée zur Welt. In den 60er-Jahren dominierten Bilder und Bildobjekte, die der Pop Art nahe standen, die Arbeiten von Markus Reatz. In den 70ern zeichnet und aquarelliert er vorwiegend, begleitet von einigen Kleinplastiken und Modellen. Die zeichnerische Linie materialisiert sich vor allem in den 80ern durch das Objekt EVA aus Ulmenzweigen. In den 90ern wird die Linie raumgreifend.
Yvonne Ritter, Cembalo und Geräte / Christian Hieronymi, Geräte
György Ligeti : Kompositionen für Cembalo (Continuum) und Metronome (Poème Symphonique)
„Zu Farbe, Form und Konsistenz assoziiere ich fast immer Klänge, wie auch umgekehrt zu jeder akustischen Sensation Form, Farbe und materielle Beschaffenheit. Sogar abstrakte Begriffe wie Quantitäten, Beziehungen, Zusammenhänge und Vorgänge erscheinen mir versinnlicht und haben ihren Platz in einem imaginären Raum.“ (György Ligeti)
György Ligeti (1923 ˆ 2006): Continuum (1968)
John Bull (c. 1562 ˆ 1628): In nomine
György Ligeti: Poème symphonique (1962)
Steve Reich (*1936): Clapping Music (1972)
György Ligeti: Continuum
Yvonne Ritter ist in Muri AG aufgewachsen. Nach der Matura studierte sie ab 2003 an der Hochschule für Musik und Theater Zürich zuerst Blockflöte bei Matthias Weilenmann und ab 2004 Cembalo bei Michael Biehl. Gleichzeitig tritt sie in Konzerten als Continuo- und Solo-Cembalistin von verschiedenen Formationen auf.
György Ligeti wurde am 28.5.1923 als Sohn ungarisch-jüdischer Eltern in Dics?szentmárton (heute Tîrn?veni, Siebenbürgen/Rumänien) geboren. Von 1941 bis 1943 studierte er bei Ferenc Farkas am Konservatorium in Klausenburg, von 1945 bis 1949 an der Franz-Liszt-Akademie in Budapest bei Sándor Veress, Pál Járdányi und Lajos Bárdos. Nach der Niederschlagung des Ungarnaufstandes verließ er im Dezember 1956 aus politischen wie künstlerischen Gründen sein Heimatland. Während der Zeit als freier Mitarbeiter im Studio für elektronische Musik des WDR Köln (1957 bis 1958) setzte er sich intensiv mit der Musik von Karlheinz Stockhausen, Mauricio Kagel und Pierre Boulez auseinander. In den 1960er Jahren wirkte Ligeti als Dozent bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik und als Gastprofessor an der Stockholmer Musikhochschule. 1969 bis 1970 war er Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Berlin, 1972 Composer in Residence an der Stanford University in Kalifornien. Ein Jahr später wurde er als Professor für Komposition an die Hamburger Musikhochschule berufen. Als Hochschullehrer (bis 1989) und als Komponist prägte Ligeti maßgeblich die internationale zeitgenössische Musik und wurde zum musikästhetischen Bezugspunkt einer ganzen Generation. Er starb am 12. Juni 2006 in Wien.
Peter Kraut (*1965), hat Geschichte, Soziologie und Politologie studiert, arbeitete fünf Jahre in der privaten Sozialforschung, anschliessend im Bereich "kulturelle Aktivitäten" der Schweizerischen Landesbibliothek und ist seit dem 1. 2. 2002 an der HKB. Er betätigt sich zudem seit knapp 20 Jahren als Vermittler (Musik, Klangkunst, Clubkultur etc.) und Autor (NZZ, Radio DRS u.a.).
Er schreibt regelmässig über Themen im Schnittfeld von Musik, Neuen Medien, Kunst und Popkultur.
Peter Kraut ist verantwortlich für das Publikationsprogramm der HKB und ist zudem wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stab des Fachbereichs Musik der HKB. Er leitete die BIENNALE BERN 03 und 05
Im internationalen Kunstmarkt ist der Schweizer Markus Raetz eine etablierte Grösse. Für den Film von Iwan Schumacher gewährt der Berner Künstler erstmals einem Ka- merateam Einblick in sein 40-jähriges Schaffen. Markus Raetz hat den siebten Sinn für Wahrnehmungen der aussergewöhnlichen Art. Seine Werke verblüffen wie Kunststü- cke eines Zauberers. Sie hinterfragen unsere Sehgewohnheiten und zeigen uns die Dinge von einer ganz anderen Seite. Vieles im Werk von Markus Raetz hat mit Bewe- gung zu tun; Installationen und Skulpturen verändern ihr Erscheinungsbild, indem sie sich selbst bewegen oder die Betrachterin um sie herum geht. Auf diese Weise ver- wandelt sich ein Hase in einen Mann mit Hut der Beuys gleicht oder aus einem OUI wird ein NON. Indem wir miterleben, wie sein ureigener Blick auf die Welt funktio- niert, lernen wir den Menschen kennen, der hinter diesen wunderbaren Kunstwerken steckt.
VORGESCHICHTE
„Ich bin mit Markus Raetz seit Ende der 60er Jahre befreundet. Als Kameramann eines Films über Max Bill war ich damals oft in der Bundeshauptstadt. Es war eine Zeit der Rebellion und des Aufbruchs, wobei der Drang nach Veränderung, lange bevor er sich auf der Strasse manifestierte, die Kunst und seine Akteure befiel. Harald Szeeman brachte die Popart nach Bern und mit der Kunsthalle hüllte Christo damals zum ersten Mal ein Gebäude ein. In dieser kleinen, überschaubaren Künstlerclique lernte ich Markus Raetz kennen. Anfangs der 70er Jahre traf ich ihn wieder in Carona im Tessin, wo er für ein paar Jahre mit Frau und Kind lebte.
Vor ein paar Monaten, ich hatte eben meinen Film Der Wolkensammler über Jean Odermatt fertig geschnitten, traf ich mich mit Markus Raetz in seinem Atelier, um mit ihm über ein Filmportrait zu sprechen. Wie viele andere Künstler mag er es nicht, wenn ihn beim Arbeiten eine Kamera beobachtet. Da er jedoch Vertrauen fasste, war er mit Testaufnahmen einverstanden.
Durch hohe Hecken von der Aussenwelt abgeschirmt liegt sein Atelier in der alten Orangerie eines ehemaligen Patriziergutes im Berner Obstberg Quartier. Im verglasten, mit Segeltuch bespannten Vorbau stehen entlang der Fensterwand drei helle Ar- beitsplätze sowie eine Werkbank. An feinen Nylonfäden hängen Drahtmännchen, Spiralen, Zweige und Spiegel, die endlos um sich selbst kreisen. Der hintere Bereich, nur von einem Oberlicht beleuchtet, ist Ausstellungshalle und Prüfstand für weitere fertige und halbfertige Mobiles, Installationen und andere Bildmaschinen. Dieses Panoptikum hat mich sehr verblüfft. Das Atelier ist ein Forschungslabor. Ich konnte die Kamera halten, wie ich wollte, immer entstanden wunderbare Bilder.
Die Arbeiten von Markus Raetz eignen sich ausserordentlich gut, um gefilmt zu werden. Überraschenderweise redet Markus Raetz auch gerne über seine Arbeit, nicht indem er interpretiert, sondern erzählt, wie ein Werk entsteht und welche Entwick- lungsgeschichte dahinter steckt.
Beim Visionieren dieser ersten Aufnahmen, gemeinsam mit seiner Frau, waren die beiden begeistert. Das zweidimensionale Bild und der fixe Ausschnitt, der beim Filmen vorgegeben ist, erzeugen eine Konzentration auf das Werk und seine Bewegung, die sonst weder in einer Ausstellung noch im Atelier zu erkennen ist. Das weckte das Interesse von Markus Raetz und er erklärte sich bereit, bei meinem Projekt mitzumachen.“ (Iwan Schumacher)
Der Regisseur wird anwesend sein und in einem Gespräch über die Arbeit an diesem Film berichten