2 ERKENNEN, ERZÄHLEN, ERAHNEN
Samstag 24. Mai 2014 Bibliothek Kloster Fischingen

Bar 19 Uhr, Beginn 19.30 Uhr

  

das glorreiche Mysterium Sonata - Surrexit Christus hodie - Adagio
Biber verwendet in dieser Sonate die extremste Skordatur („Verstimmung“) der Violine: Die beiden mittleren Saiten werden vertauscht, sodass ein Kreuz beim Saitenhalter sichtbar wird. Die Oktavstimmung ermöglicht eine Klangimitation einer Orgel mit 4‘ Register, indem die Violine in Oktavparallelen spielen kann.
Nach einer freien Einleitung, die eine frühmorgendliche Naturstimmung evoziert, folgt eine Choralimitation über den damals bekannten böhmischen Auferstehungschoral. Biber komponiert eine geistvolle Form, die im gemeinsamen unisono von Bass und Violine endet. Im abschliessenden Adagio wird Chorgesang imitiert.

Sonata XII: Himmelfahrt Jesu
Intrada - Aria Tubicinum - Allamanda - Courente - Double
Die Himmelstonart C - Dur ist auch die Trompeten - Tonart. Biber imitiert die Bläser in der Intrada und besonders auch in der anschliessenden „ Arie der Blechbläser“, gemeint eine Marschkapelle. Jesu Himmelfahrt wird also sehr pompös inszeniert. Die darauf folgenden Tanzsätze sind sehr fröhlich und leichtfüssig gehalten, als tanze man vor Freude über die Erfüllung des prophetischen Wortes

Sonata XIII: Die Sendung des heiligen Geistes.
Sonata - Gavotta - Gigue - Sarabanda
Aus dem Dunkel, aus der Stille ertönt ein dreimaliger Anruf im Dreiklang, somit eine mehrfache Anspielung auf die heilige Trinität, ein Sanctus-Ruf. Es stürzt eine gewaltige Klangfülle ein, die unheimliche Masse annimmt. Das Erscheinen des heiligen Geistes ist für den Menschen auch furchterregend. Wie in Sonate XII folgen Tanzsätze, die man als Hinweis auf „in vielen Zungen sprechend“ lesen kann.

Sonata XIV: Mariae Himmelfahrt
[Präludium]-Grave-Adagio - Aria
Eine warme, eher tiefe Skordatur, zugleich aber eine hohe Setzung der Violine erzeugt einen liebreichen Klang. In einer variierenden Aria wird Maria mannigfaltig verehrt. Die letzte Tempobezeichnung innerhalb des Satzes ist „Gigue“, eine eindeutige Anspielung auf die im Himmel tanzenden Engel. Die Violinstimme „verlässt“ die Musik sozusagen zu früh, als sei sie bereits in den Wolken verschwunden.

Sonata XV: Krönung Mariae im Himmel
Sonata - Aria - Canzon - Sarabanda
Für Mariae Krönung wird die tiefste Skordatur (G-C-G-D) gefordert, was einen sehr sonoren, warmen, aber kaum brillanten Klang erzeugt. In der ersten Sonata ist eine gebetsartige Stimmung da, man kann sich ein „Ave Maria“ vorstellen. Es folgt eine wiederum variierende Aria über ein bekanntes barockes Thema, das Händel später in der Schlussfuge (Amen) im Messias verwendet. Das selbe Thema kommt dann nochmals in der Canzon, diesmal mehr chormässig vertont. Die letzte Sarabanda, hier nun ein zarter Tanz, beendet den Zyklus mit fein hüpfenden Figurationen schwebenden Engeln gleich.

Passacaglia für Violine solo
Dem Zyklus der 15 Rosenkranzsonaten ist die Passacaglia für Violine solo angefügt, der dazugehörende Kupferstich zeigt einen Schutzengel . Über eine absteigende Basslinie (sog. Lamento - Bass) komponiert Biber in Gruppen Variationen von schier unendlicher Erfindungsgabe und nützt die „normal“ gestimmte Violine voll aus. Biber als Geiger aber auch als genialer Komponist mit Humor, Geist und dramatischem Spürsinn wird aufs Schönste erfahrbar.

Heinrich Ignaz Franz Biber - Rosenkranzsonaten (1676)
 
Renate Steinmann,  Violine
"mit Auszeichnung" ab. Schon während den Studienjahren beschäftigte sie sich intensiv mit historischer Aufführungspraxis. Künstlerische Impulse holte sie sich bei John Holloway und Thomas Hengelbrock in Meisterkursen. Im Orchesterspiel arbeitete sie mit Dirigenten wie William Christie, Christopher Hogwood oder Giovanni Antonini. Bei Elisabeth Wallfisch (London) nahm sie über mehrere Jahre Unterricht und ergänzte ihre Ausbildung im barocken wie klassischen Repertoire.
Seit 2006 ist Renate Steinmann Konzertmeisterin des Zürcher Barockorchesters und hat mit diesem Ensemble im Herbst 2013 eine CD für das deutsche Label Rondeau Production zu höfischer Musik aus Dresden eingespielt. In diesem Programm war sie zugleich auch in der künstlerischen Leitung tätig.
Für ECM spielte sie mit John Holloway eine CD mit Werken von Dowland ein, die 2014 erscheinen wird.
Seit der Gründung der Bach Stiftung St. Gallen (Leitung Rudolf Lutz)im Herbst 2006 ist sie deren Konzertmeisterin und hat den Streicherkörper aufgebaut. Dieses Grossprojekt verfolgt die Gesamtedition des Bach’schen Vokalwerks auf CD und DVD.
Erfahrungen im Bühnenbereich konnte sie in einem Projekt mit Christoph Marthaler am Schauspielhaus Zürich machen (Golden, Age 2003).
Zusammen Mit Jermaine Sprosse (Hammerflügel) erarbeitet sie Duoprogramme mit Schwerpunkt Frühklassik auf.
Neben einer vielfältigen Konzerttätigkeit unterrichtet sie Violine, Viola und Kammermusik an der Kantonsschule Wettingen (AG).

Jermaine Sprosse,  Cembalo, Orge
Jermaine Sprosse begann seine musikalische Laufbahn in Deutschland als Chorknabe, Keyboarder und Oboist. Später studierte er Cembalo und Hammerklavier in Berlin bei Mitzi Meyerson und Leo van Doeselaar, sowie privat bei Christine Schornsheim und Stefano Demicheli. Seit 2011 ist er Schweizer Bundesstipendiat und studiert Cembalo, Clavichord und Improvisation bei Jörg-Andreas Bötticher, Rudolf Lutz und Jesper Christensen.
Er ist seit Jahren ein gefragter Generalbassspieler (u.a.Lautten Compagney, Ensemble Oriol, Akademie für Alte Musik Berlin, Solistenensemble Kaleidoskop).So konzertierte er im Rahmen diverser Festivals wie „Emiglia - Romagna- Festival“, „Thüringer Bachwochen“, „Skalholt-Festival Island“ als Solist und Generalbassspieler. Im Jahre 2012 ist er als Solist u.a. beim Davos-Festival „Young artists in concert“ sowie beim „Ohrid Summer Festival“ in Mazedonien zu hören sein. Von 2004-2009 war er Bundesstipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Im Juli 2012 gewann in der Solistenkategorie einen 2. Preis beim internationalen Wettbewerb „t.i.m.“ in Paris. 2014 ist er an den internationalen Bach Wettbewerb in Leipzig im Fach Cembalo zugelassen.
2013 leitete er zusammen mit Renate Steinmann das Zürcher Barockorchester mit einem Programm zu Dresdens galantem Stil, das auch auf CD eingespielt wurde (Erscheint im Herbst 2014).

Biographien
Vinicius Pérez, Laute
wurde in Rio de Janeiro geboren. Er begann seine musikalische Ausbildung im Alter von sechs Jahren mit dem Gitarrenuntericht bei Ronaldo Lopes, Lautenspieler und Theorbist aus Paris. Im Jahr 2011 schloss er an der Hochschule Luzern mit dem Master in Gitarre ab. Seit Herbst 2012 ist er an der Schola Cantorum Basiliensis bei Hopkinson Smith eingeschrieben. Vinícius Perez hat diverse Auszeichnungen und Preise in Brasilien erhalten.
Martin Zeller,  Viola da Gamba
Martin Zeller studierte Cello an der Musikhochschule Zürich bei Markus Stocker und Claude Starck sowie in London bei William Pleeth. An der Schola Cantorum Basiliensis studierte er Barockcello bei Christophe Coin und Viola da gamba bei Paolo Pandolfo.
Er ist Solocellist im Kammerorchester Basel und spielt in diversen Spezialensembles für historische Aufführungspraxis: I Barrocchisti Lugano, Orchestre Baroque de Limoges, Orchestre des Champs-Elysées. Als Gambist spielt er mit Guido Balestracci ( Consort L'Amoroso ) und Christophe Coin ( Lupo Consort ). Er brachte ausserdem viele zeitgenössische Werke zur Uraufführung und spielte längere Zeit im Ensemble für Neue Musik Zürich.
Martin Zeller ist Dozent für Barockcello an der Musikhochschule Zürich Winterthur.
/www.stellamarisorchestra.ch
www.jermainesprosse.net
www.kammermusik-akademie.eu
Evelina Cajacob   Videoinstallation
Elisabeth Nembrini  Installation
Corinne Holtz  Kommentar
geboren 1961 in Sumvitg, Graubünden
lebt und arbeitet in Malans und Chur
1988 – 1993 Escuela superior de Bellas Artes «Escola Massana» Barcelona
Evelina Cajacob beschäftigt sich in ihrem Schaffensschwerpunkt mit Zeichnung, Objekten und Raumbezogenen Installationen in welchen sie sich mit verschiedenen Materialien und Räumen auseinander setzt.
Dabei lotet sie Schnittstellen zwischen Bewegung, Wiederholung und Verdichtung aus. Leichtigkeit und Schwerelosigkeit prägen ihr gesamtes Schaffen. Ihre Arbeiten zeugen von einer eigenständigen überzeugenden Formsprache und eröffnen uns eine erweiterte Wahrnehmungsebene.
1960 geboren in Basel, studierte an der Hochschule Luzern Kunst und Vermittlung. Seit 1994 diverse Ausstellungen und Kunst und Bau Projekte, verschiedene Förderpreise, Werkbeiträge sowie Auslandateliers.
Die Weiterentwicklung der Werkreihe Milky Way wurde 2012 mit einem Werkbeitrag des Kantons St. Gallen unterstützt. Eine Serie von drei Projektionen wurde 2013 permanent in die Kunst am Bau Sammlung der Universität St. Gallen aufgenommen.

Sie ist seit 1997 Dozentin für Bildnerische Gestaltung an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen. Lebt in St.Gallen.
Die Geigerin, Musikwissenschaftlerin und Musikjournalistin ist seit 1989 als Musikredaktorin am Schweizer Radio DRS2 / heute als Autorin bei SRF2 Kultur tätig und für ihre engagierte Vermittlung von alter und neuer Musik sowie innovativer Opernregie bekannt. Ausserdem publiziert Corinne Holtz in Qualitätsmedien wie der Kulturzeitschrift du, NZZ, Bücher am Sonntag (NZZ) und verfasst Essays etwa für das Theater Basel, die Salzburger Festspiele und die Komische Oper Berlin.

2000/2001 hat sie als Stipendiatin der Europäischen Journalisten Fellowships der Freien Universität Berlin mit den Recherchen über Leben und Werk der ostdeutschen Regisseurin Ruth Berghaus begonnen. 2005 erschien die erste Biografie über die singuläre Vertreterin des Regietheaters, die Publikation gilt inzwischen als Standardwerk. Corinne Holtz hat anschliessend berufsbegleitend das Doktoratsstudium an der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern absolviert und 2009 über „Ruth Berghaus. Leben, Werk, Methode“ promoviert.

Sie ist Mitbegründerin und Ko-Kuratorin von hexperimente – die bühne im avers. Ausgehend von den Protokollen über die Averser Hexenprozesse (1652–1664) erarbeiten seit 2009 herausragende Kulturschaffende aus Literatur, Musik und Theater eine zeitgenössische künstlerische Antwort auf die damalige Geschichte. Das Pionierprojekt im Hochtal Avers stösst auf grosses Echo.
An der Hochschule der Künste Bern leitet sie den CAS Musikalisches Lernen im Alter und das Forschungsprojekt „Mach dich schlau – Lern- und LEhrstrategien im Instrumentalunterricht 50plus“.

‹HandArbeit›
Evelina Cajacobs erste Videoinstallation ‹HandArbeit› fokussiert auf eine schlichte Hausarbeit: das Zusammenfalten von Küchentüchern. Die Projektion auf einem Tisch zeigt, wie Hände flink einen Stapel gebügelte Küchentücher zusammenfalten. Es ist faszinierend, wie täuschend echt dieser Faltvorgang in der Installation wirkt. Unter jedem Küchentuch erscheint ein neues, die Muster wechseln sich ab und unsere Augen erwarten gespannt die nächstuntere Schicht. Die gekonnte Zielstrebigkeit und liebevolle Sorgsamkeit, mit der die Hausarbeit verrichtet wird, erfüllt uns zudem mit Anerkennung und Wärme.
 n bekannt, die auf eine geduldige, aber zielsichere Schöpferhand schliessen lassen. Auch die eingewebten Muster-linien der traditionellen Küchentücher und der Faltvorgang selbst widerspiegeln die zielsicher angestrebte Form, in die der Haushalt täglich und geduldig gebracht wird. -Dieser Arbeitsaufwand geschieht oft im Verborgenen und gerät – noch so gern! – aus dem Blick, erst recht in einem gut funktionierenden Betrieb wie einem Hotel, wo Gäste sich erholen und ihren Alltagspflichten entfliehen können. Auch in ‹Hand-Arbeit› bleibt unbekannt, wer die Arbeit verrichtet. 
 
Evelina Cajacobs Videoinstallation will aber weder ein gesellschaftspolitisches Plädoyer für die Wahrnehmung der unsichtbaren Arbeiterinnen sein noch an verdrängte Pflichten mahnen, sondern zollt in ihrer kontemplativen Beschaulichkeit vielmehr der Ruhe und Bestimmtheit der Handlung sowie der Befriedigung durch die alltägliche Arbeit ihren Respekt
Céline Galliard
www.evelinacajacob.ch
Installation   OPH-Projektion
Projizierte Zeichnungen legen sich wie eine leuchtende Schicht in unterschiedlicher Intensität und Grösse über die Architektur und überlagern sich zum Teil zusätzlich gegenseitig. Die ambivalente Ausstrahlung der Zeichnungen verbindet sich mit dem Ort und lässt Zusammenhänge erahnen.

Die Bilder stammen aus dem persönlichen Fotofundus, sind Medienfotos oder Kunstzitate. Teile der digital weiter bearbeiteten Fotos werden mittels Projektion aus der Farbschicht auf einer Glasplatte als Zeichnung herausgekratzt und mit einem analogen Hellraumprojektor erneut projiziert. Dabei kippt das Bild jeweils vom Positiv ins Negativ oder umgekehrt. Die Lichtzeichnung, die Glasplatte und der Hellraumprojektor sind gleichwertige Teile der Installation. Beleuchtung ist bei jedem Schritt der Arbeit ein wichtiges Instrument zum Verfremden und Erkennen.
/www.kuenstlerarchiv.ch
www.hkb.bfh.ch/de/weiterbildung
www.hkb.bfh.ch/de/forschung/
www.srf.ch
www.hexperimente.ch/
# Programm  RESET
Zahlen bedeuten mehr, als wir zählen können. Zahlen halten den Kosmos zusammen und verbinden den Menschen mit dem Universum, in Albert Einsteins Relativitätstheorie ebenso, wie in Platons „Politeia“ oder in der Zahlensymbolik des Barock. Hier sind die Zahlen voller Bedeutung und sie erzählen durch Architektur, bildende Kunst und Musik als vermittelnde Kraft zwischen Mensch und Gott.
Programm
Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 – 1704) :  Rosenkranz-Sonaten (1676)
Renate Steinmann, Violine; Jermaine Sprosse, Cembalo / Orgel; Vinicius Pérez, Laute; Martin Zeller, Viola da Gamba

Evelina Cajacob : HandArbeit  Videoinstallation

Elisabeth Nembrini  : Lichtinstallation

Corinne Holz :  Kommentar